1970er Jahre Entscheidung mich nicht zu entscheiden
1979 Abschluss der Tanzausbildung bei Tatjana Gsovski, Berlin
1980 Meisterschüler bei Raimund Girke, HDK Berlin
Abendfüllende Projekte in Zusammenarbeit mit der UDK Berlin und der Folkwang- Hochschule Essen u.a. ‚Aus dem Stand in alle Richtungen‘, ‚Das Spiel von nicht und nun‘
Bei diesem doppelten Studium bin ich von einer ebenso einfachen wie vertrackten Frage ausgegangen. Ist der Körper eine stabile oder eine dynamische Konstruktion oder Beides? Glücklicherweise habe ich diese Frage naiv gestellt. Die Aufgabe, den Körper in einer stabilen Haltung zu zeichnen hat mich genauso gereizt wie einen gedrehten Sprung oder einen kippenden Schritt nachzuahmen. Wie ideologisch aufgeladen diese Frage ist war mir nicht klar. Erst zum Ende des Studiums wurde mir deutlich, dass ich viel Kraft und Mühe darauf verwendet habe, mir einen Platz zwischen den Stühlen zu sichern.
1980er Jahre
Kalkulierte Brüche und ästhetische Paradoxe
1981 Beitritt zur Ateliergemeinschaft Belziger Sraße
1985 Mitbegründer der Tanzgruppe l’autre pas mit dem Schwerpunkt Early Dance
1982 – 85 Einzelausstellungen Galerie Christa Schübbe, Kunstkammer Berlin, Galerie Eivissa, Berlin, Mueller-Zilch Galerie, St. Franzisco
1982 – 85 Gruppenausstellungen u.a. Ateliergemeinschaft Belzigerstraße, Berlin. ‚Six Mix‘ Haus am Kleistpark, Berlin und Galerie Kollektiv Wuppertal
1985 – 89 l’autre pas Eigenproduktionen u.a. ‚Purer Augenschein‘, ‚Epigramme‘, ‚Kein Luftschloss ist feuerfest‘, Aufführungen und Kooperation u.a. mit dem Kunstmuseum Düsseldorf, der Kulturstadt Berlin, der ‚Musikfestspiele Potsdam‘ u. der Tanz im August‘, Berlin
In der Belziger Straße sind in schneller Folge vier Bildserien entstanden, in denen ich malerische Klischees aus mehreren Jahrhunderten miteinander verschmelze: Die Badenden, die Kunsttouristen, New Orleans Walk und Big Sweap. Indem ich mit selbst den Freibrief gegeben habe, konservative und progressive Signale in einen heiteren Disput zu verstricken, habe ich mich als Maler freigeschwommen.
Der Tanzforscher Karl Heinz Taubert hat mich mit schriftlichen, aber vor allem graphischen Notationssystemen vertraut gemacht, mit deren Hilfe unsere Vorfahren Bewegung vorstellbar gemacht haben. Der praktische Umgang mit diesen betagten Büchern führt in eine paradoxe Situation. Dem Papier nach sind die dargestellten Bewegungen alt, dem Empfinden nach neu. Entsprechendes gilt für Musik, Kleidung und die allegorische Dramaturgie der Tänze. Mit diesem Konzept habe ich 1985 gemeinsam mit Ulrike Sternberg die Gruppe l’autre pas gegründet – zeitgenössischer Tanz auf Basis historischer Quellen.
1990er Jahre
Bauhausbühne und Location Work
1990 – 1999 Konzeption, Leitung und Rauminstallationen interdisziplinärer Projekte im Rahmen der ‚Tanzwerkstatt Berlin‘ zum Thema der Bauhausbühne
u.a. ‚Kreisen, Ecken, Spitzen‘ mit Luisa Casiraghi u. Compania Marionettistica Carlo Colla e Figli‘, Mailand ‚Fearfull Symmetry‘ mit Francois Raffinot, Paris, Merit Fakler, Nina Nedelykov, Pedro Moreira, Berlin, ‚Interaction with Colors‘ mit Lucinda Childs, New York u. Kurt König, Berlin, ‚Transport‘ mit Reinhild Hoffmann, Kurt König u. Pedro Moreira, Berlin, ‚Touch a Rhythm‘ mit Joel Linel, Paris u. Kurt König, Berlin
1995 – 1999 Site SpecificPerformance
u.a. ‚Tanz den Tastentanz‘ mit Krzysztof Ostrowski, Polen,Konzertkirche Karl-Philipp-Emanuel Bach, Frankfurt/Oder, ‚All Nice Places are Occupied‘‘ im Rahmen der Ausstellung ‚Quadratur‘, Haus am Kleistpark‘, Berlin, ‚6 x 2 Wege in Situ‘, ‚Tanztage Berlin auf dem Pfefferberg Berlin, ‚Aus dem Skizzenbuch des Knecht Ruprecht‘ mit Krysztof Ostrowski, Dom zu Stendal, ‚Der Graue Keil‘ Videoproduktion mit Klaus Borkens, Essen, Merit Fakler u. Kurt König, Berlin, ‚Debatte‘ mit Krysztof Ostrowski, Polen, Steve Nipoli, Luxemburg, Festival d‘ Orgue de Dudelange
1992 ‚Alcina‘ Choreographie unter der Regie von Paul Stern, Goethetheater Bad Lauchstädt
Expo Sevilla Repräsentant des Landes Berlin mit mit Auszügen von ‚Kein Luftschloss ist feuerfest‘
Der große Avantgardist, Tänzer und Choreograph Gerhard Bohner hat während der 80ziger Jahre mein Interesse an den dramaturgischen Konzepten der Bauhausbühne geweckt. Sein früher Tod hat im Berliner Kulturleben eine bis heute spürbare Lücke hinterlassen. Während der 90ziger Jahre boten die Akademie der Künste und die ‚Tanzwerkstatt Berlin‘ l’autre pas – inzwischen federführend mit Renate Lühr – Gelegenheit gegeben, in seine großen Schuhe zu steigen. Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und uns darauf beschränkt, für die Projekte ein Konzept zu entwerfen, Räume zu bauen und ein Team zusammenzustellen.
Während der 80ziger und 90ziger Jahre ist die zunächst geteilte, dann wieder vereinigte Stadt Berlin Laboratorium der Stadtentwicklung gewesen. Es war deshalb naheliegend das Profil der Gruppe l’autre pas um Location Work, heute besser bekannt als ‚Site Specific Performance‘ zu erweitern.
2000ender Jahre
‚Still Life Happenings‘ und eine Barockoper
2000 – 2005 Einzelausstellungen u.a. T 27, Berlin, Galerie Subject Object, Berlin
2003 – 2010 Gruppenausstellungen u.a. ‚En s’installe‘, La Rochelle, 10 Ausstellungen Künstlerkollektiv ‚Leichtkauf‘, regelmäßige Teilnahme Kunstfestival ‚48 Stunden Neukölln‘
2000 – 2009
Bewegungsregie Musikfestspiele Potsdam ‚Der Philosoph auf dem Lande‘, Galupi, ‚Die Chinesinnen‘, Gluck, UDK Berlin, ‚Don Gionanni‘, Mozart
Choreographien für die ‚Deutsche Tanzkompanie‘, Neustrelitz, u.a. ‚das Jagdschloss‘, ‚Kuddeldaddeldu‘, ‚Moriskenzauber‘
2007 ‚Boris Godounov‘, Johan Mattheson, Regie u. Choreographie im Rahmen des Festivals ‚Early Music Russia‘, Aufführungen in Hamburg, St. Petersburg u. Moskau
Ab Mitte der 90ziger Jahre wurden in Berlin im Wochentakt neue Baustellen eröffnet. Alle, die hier schon während der Zeit des kalten Krieges ihre Wohnhaft abgesessen hatten wurde klar, dass sie diese Stadt binnen 10 bis 15 Jahren nicht wiedererkennen würden. Um auf dieses neue Tempo zu reagieren habe ich die Arbeit für die Gruppe l’autre pas verringert und begonnen solistisch zu arbeiten. Das hierfür verwendete Konzept, die ‚Still Life Happenings‘ (eigener Titel) ist zwischen 1995 und 1998 entstanden und die darauf folgenden 10 Jahre mein Hauptprojekt geworden. Um die Ergebnisse der #Still Life Happenings zeitnah zu präsentieren habe ich gemeinsam mit Friederike Hammann, Bettina von Hartmann und Catherine Metais das Künstlerkollektiv ‚Leichtkauf‘ gegründet und in leer stehenden Ladenlokalen ausgestellt.
Mein eingeführter Name als professioneller Tanzlehrer, Performer und Choreograph hat mir geholfen diese finanziell mageren Jahre zu überstehen. Doch unverhofft kommt oft. 2007 erhielt ich von den Verantwortlichen des ‚Early Music Festival Russia‘, Andrej Reshetin und Marc de Mauny den Auftrag, Regie und Choreographie der Oper ‚Boris Godounov‘ des deutschen Barockkomponisten Mattheson zu übernehmen, ein kulturpolitisch hochbrisantes Projekt mit Aufführungen in Hamburg, St. Petersburg und Moskau und einer zur Hälfte russischen, zur anderen Hälfte westeuropäischen Besetzung.
2010er Jahre
‚Briefe aus dem Moor‘ und ‚Angiolini Ballet St. Petersburg‘
2015 Einzelausstellung ‚Briefe aus dem Moor‘ im Foyer und dem großen Lesesaal der Universität Oldenburg
2010 – 2020
Gruppenausstellungen ‚ Festival del Art Contemporain‘, Musée Ernst Cognac, St. Martin de Ré, ‚Berlin‘ Chateau de St. Auvent, Frankreichregelmäßige Teilnahme mit Gästen ‚Schöneberger Art‘, Berlin
2010 – 2020 Artist in Residence des ‚Festival Early Music Russia‘, Gründung des ‚Angiolini Ballet St. Petersburg zusammen mit Andrej Reshetin u. Konstantin Chuvashevk, 10 Einakter u. 2 abendfüllende Programme – ‚Wind and Water‘ nach Golowinmusiken von Johan Helmich Roman, ‚Dacing Time‘, diverse Komponisten, regelmäßiger Gastdozent an der Vaganova-Dance-Academy, St. Petersburg und 2011-2012 ‚Musica Aeterna‘, Perm, Leitung Teodor Currentzis
Die ‚Still Life Happenings‘ waren nach ca. 300 Aktionen in Berlin ausbuchstabiert. Zu Beginn der 2010er Jahre erschienen sie mir als Dokumente einer entfernten Vergangenheit. Auch die Aktionen des Kollektivs ‚Leichtkauf‘, in dessen Ausstellungen echte Marktplatzatmosphäre geherrscht hatte, verlor seine Dynamik. Ich verdanke meinem malerfreund Helmut Lindemann das Projekt, dass das Projekt ‚Still Life Happenings‘ Mitte der 2010er Jahre wieder aktuell geworden ist. Er zeigte mir das Teilstück einer Landstraße zwischen Achtermoor und Habern1. Die Asphaltdecke und das darunter liegende Moor waren hier jahrzehntelang ungestört im Austausch geblieben und hatten den Bewohner*innen der Gegend einen langen Brief geschrieben.
Seit dem Erfolg der Regie und Choreographie für die Oper ‚Borsis Godounov‘ bin ich Artist in Residence des Festivals ‚Early Music Russia‘ in St. Petersburg und habe gemeinsam mit Andrej Reshetin und Konstantin Chuvashevk das ‚Angiolini Ballet St. Petersburg‘ gegründet mit jährlichen Arbeitsphasenzwischen einem und vier Monate und abendfüllenden Balletten. Aus der ersten spannenden Begengung ist eine Kooperation auf Augenhöhe gewo
2020er Jahre
Innehalten und kreative Reisen
2020 Gruppenausstellung , ‚Trou‘, Festival del Art Contemporain‘, St. Martin de Ré,
2020 ‚Ariadne auf Naxos‘, Melodrama von Georg Anton Benda in Zusammenarbeit mit Andrey Penyugin u. Ilja Kagan, Produktion unter Coronabedingungen Berlin – St. Petersburg
Seit den 1970er Jahren lebe ich Kunst zweifach. Die Zwangspause durch die Coronaepedemie hat mit Gelegenheit gegeben nachzuvollziehen was mir mein Platz zwischen den Stühlen über 40 Berufsjahre hinweg geöffnet hat. Auf die lange Strecke wird mir deutlich, dass das Bild vom Platz zwischen den Stühlen für die Studienjahre und den tastenden Aufbau meiner Laufbahn zutrifft aber nicht für die folgenden Jahrzehnte. Hier bieten sich eher konstruktive Bilder an wie Standbein und Spielbein oder Gewicht und Gegengewicht.
Bis Mitte der 2000er Jahre war ich eine Arbeitsbiene im Berliner Kulturbetrieb, stets zur Selbstausbeutung bereit. Wenn einige meiner ausländischen Partner und Freunde nicht insistiert hätten, wäre ich Provinzler geblieben. Inzwischen tun sich erstaunliche Möglichkeiten auf, z.B. das ‚Angiolini Ballet St. Petersburg‘ 2022 in das Kulturhauptstadtprojekt ‚Esch‘ in Dudelange, Luxemburg zusammen mit l’autre pas zu integrieren – natürlich alles unter Corona-Vorbehalt